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25. Ausstellung der Reihe „Kunst im Abgeordnetenbüro“ Mainz,
Manfred Geis (MdL)

„inmausion“ – Installation von Silke Andrea Schmidt

Ausstellungsankündigung von Kunstportal-Pfalz (www.kunstportal-pfalz.de), März, 2005, Landau

Ausstellung im Abgeordentenhaus des Landtags in Mainz vom 01.03.05 bis 31.03.05 in der Reihe "Kunst im Abgeordnetenbüro" von Manfred Geis, MdL
Vernissage am 01.03.05 um 20.00 Uhr
Begrüßung: Anna-Fee Neugebauer, Netzwerk Offenbach

Silke Andrea Schmidt, die, nach einem abgeschlossenen Architekturstudium in Kassel, 2002 an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main ihr Examen im Fach Visuelle Kommunikation abgelegt hat, ist in letzter Zeit durch einige Ausstellungen im Rhein-Main-Gebiet aufgefallen.
Die Künstlerin interessiert sich vor allem für das Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Natur, speziell zwischen Mensch und Tier. Offenbar werden die Störungen in diesem Verhältnis, unter denen in der Regel das Tier zu leiden hat. So haben die Installationen, Fotografien und Filzbilder von Silke Andrea Schmidt eine eigene Ästhetik; Schönheit, die verstört, Idylle, die gebrochen ist. Es ist ein konzeptionell-symbolischer Ansatz mit vielen, oft gegensätzlichen Facetten: Schönheit und Stereotypisierung, Kurioses, Morbides und Sakrales kommen zusammen, natürliche und industrielle Materialien.

Einen Büroraum als Ausstellungsort, das gab es schon öfters, zumindest vierundzwanzig Mal vorher schon bei Manfred Geis und seiner Reihe "Kunst im Abgeordentenbüro" im Abgeordnetenhaus des Mainzer Landtags. Meistens war es bei der Eröffnung auch so, dass man sich kaum bewegen konnte, ohne mit anderen Gästen zu "kollidieren". Aber eine Besichtigung auf Zehenspitzen gab es bisher noch nicht.
Die 25. Ausstellung mit der "inmausion" von Silke Andrea Schmidt zwingt jetzt dazu. 4000 weiße Mäuse haben Besitz ergriffen vom Zimmer 236 im Abgeordnetenhaus. Überall auf dem Boden, dem Schreibtisch, dem PC, dem Telefon, den Büchern und Ordnern sitzen die kleinen Tierchen.
Silke Andrea Schmidt, diplomierte Architektin und Absolventin der Offenbacher Hochschule für Gestaltung im Fach Visuelle Kommunikation, hat "besonderes Empfinden für Raum mit seinen spezifischen Atmosphären, seinen Deutungsmöglichkeiten, und das Vermögen künstlerische Vorstellungen in starke kommunikative Spannungsfelder umzusetzen", so Anna Fee Neugebauer bei der Ausstellungseröffnung.
Mäuse massenhaft im Zimmer, verstörende Mäuse-Fotografien an den Wänden, dazu wieder Anna Fee Neugebauer: "Der Mensch, sonst räuberisch und übergriffig in Umwelt und Natur, sieht seine einzigartige Domäne ›Arbeitsplatz‹ invadiert von süßen, reinweißen Unschuldsmäuslein, er wird eingeengt in seinem Bewegungsspielraum und visuell auf ›klein, weiß und sehr, sehr viele‹ gepolt – der Mäusemob, de facto harmlos, wirkt bedrohlich, verletzt das ureigene Hoheitsgebiet des Homo Sapiens. Und hält uns unseren selbst gewählten Spiegel vor: Der Mensch als das Arbeitstier – artgerecht gehalten in Einzel- oder Gruppenzellen, diese sind ober- und unterirdisch mit zweckmäßigen Laufgängen verbunden zur Förderung der raschen Informationsweitergabe."
Bis zum 31.03.05 ist diese Installation im Zimmer 236 des Abgeordnetenhauses des Mainzer Landtags in der Kaiser-Friedrich-Straße 3 zu sehen, ergänzt durch Fotografien und Filzbilder von Silke Andrea Schmidt im Flur des 2. Obergeschosses vor dem Büro von Manfred Geis.
Anna Fee Neugebauer: "Herr Geis ist nun einen Monat lang allein mit weißen Mäusen – vielleicht trösten ihn die scherenschnitthaften Schemen der Hasen, Frösche und Hirsche auf weichen Filz? Alles war gut, scheinen sie wortlos zu sagen – Sinnbild einer archaisch intakten, doch längst der Vergangenheit anheim gefallenen Mutter Natur."
Die Ausstellung wird unterstützt von der Sektkellerei Schloß Wachenheim.

"Kunst im Abgeordnetenbüro"
Manfred Geis, MdL
Abgeordnetenhaus des Landtags
Kaiser-Friedrich-Straße 3
55116 Mainz



Text vom Claudia Isabel Martin, Mainzer Rhein-Zeitung vom 3. März 2005

"Von Mäusen und Bildern"
Kunst im Abgeordnetenbüro: Arbeiten von Silke Andrea Schmidt

Fokus auf Zimmer 236: Die Aufzugtür öffnet sich und einige weiße Gummimäuse zeigen dem Besucher den Weg zu der "inmausion". Folgt er diesem Hinweis, blickt er nach ein paar Metern gespannt in ein Bürozimmer, welches von den Mäusen eingenommen wurde, so dass man nur noch auf Zehenspitzen durchlaufen kann. Erst nachqem sich der Besucher von der Ansicht der Gummitiere löst, entdeckt er an der Wand Fotografien von Silke Andrea Schmidt, die mit diesem Blickfang ihre Werke in der 25. Ausstellung der Reihe" Kunst im Abgeordnetenbüro"präsentiert. Der Titel verrät den außergewöhnlichen Ausstellungsort, an dem der Landtagsabgeordnete Manfred Geis von den kleinen Freunden Gesellschaft in seinem Arbeitsalltag bekommt. Doch die Künstlerin will dem Besucher nicht nur ein Lächeln auf das Gesicht zaubern, sondern sein Interesse für das Verhältnis zwischen Mensch und Natur wecken. So richtet sie auf spielerische Weise die Aufmerksamkeit auf einen Lebensbereich, der vom Menschen oft vernachlässigt wird. Ihre Fotografien und Filzbilder thematisieren die Veränderungsprozesse der menschlichen Wahrnehmung, in der die kleine Maus zum abstoßenden Nagetier wird - ein Prozess, in dem sich der Mensch von der Natur entfremdet. Die präzisen, weichen Filzarbeiten bilden Frösche, Hirsche und andere Tiere in ihrer natürlichen Umgebung ab, fast ein wenig nostalgisch. Sie weisen auf eine zerbrechliche Schönheit, die unter dem einseitig dominierten Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Tier leidet. Silke Andrea Schmidt öffnet mit ihren Arbeiten dem Betrachter ein Zeitfenster, dem er sich sonst nur nach Belieben und für wenige Augenblicke widmet. Denn eigentlich hat der Mensch sich in seiner kommerziellen Umgebung neuorientiert. Über diese visuelle Kommunikation berührt die Künstlerin eine politische Ebene und verknüpft so den Ausstellungsort mit dem Ausstellungsinhalt. Sie kehrt das Verhältnis um, in welchem nun der Mensch durch die Tierinvasion in seinem Lebensraum eingeengt und als Arbeitstier in seiner künstlichen Umgebung entlarvt wird. Vor allem der kunstliebende Landtagsabgeordnete, denn er muss sich in den nächsten Wochen mit der Installation arrangieren und wird so, zwischen den Besuchern, auch selbst ein bisschen zum Ausstellungsstück der "inmausion".



 

Text von Manfred Geis, MdL, März 2005, Mainz

„inmausion“ im Abgeordnetenhaus
25. Ausstellung der Reihe „Kunst im Abgeordnetenbüro“


4000 weiße Mäuse im und am Zimmer 236 des Landtagsabgeordneten Manfred Geis im Abgeordnetenhaus des Mainzer Landtags?!! – Es ist wieder einmal Zeit für „Kunst im Abgeordnetenbüro“, die 25. Ausstellung steht an und sie verspricht Besonderes.

Silke Andrea Schmidt hat eine „inmausion“ im Abgeordnetenhaus konzipiert; die Präsentation wird dort am Dienstag, 1. März 2004, 20 Uhr, eröffnet. Zur Einführung spricht Anna Fee Neugebauer vom Netzwerk Offenbach. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 31. März, montags bis freitags, von 9 bis 17 Uhr, und jederzeit nach Vereinbarung.

Silke Andrea Schmidt, die, nach einem abgeschlossenen Architekturstudium in Kassel, 2002 an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main ihr Examen im Fach Visuelle Kommunikation abgelegt hat, ist in letzter Zeit durch einige Ausstellungen im Rhein-Main-Gebiet aufgefallen.

Die Künstlerin interessiert sich vor allem für das Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Natur, speziell zwischen Mensch und Tier. Offenbar werden die Störungen in diesem Verhältnis, unter denen in der Regel das Tier zu leiden hat. So haben die Installationen, Fotografien und Filzbilder von Silke Andrea Schmidt eine eigene Ästhetik; Schönheit, die verstört, Idylle, die gebrochen ist. Es ist ein konzeptionell-symbolischer Ansatz mit vielen, oft gegensätzlichen Facetten: Schönheit und Stereotypisierung, Kurioses, Morbides und Sakrales kommen zusammen, natürliche und industrielle Materialien.



 

Eröffnungsrede zur Vernissage am 01. März 2005 von

Anna-Fee Neugebauer, Netzwerk Offenbach

Sehr verehrte Besucherinnen und Besucher, sehr geehrter Herr Manfred Geis, liebe Silke Andrea Schmidt

Es freut mich aus zwei Gründen, dass ich heute abend die Begrüßungsrede halten darf zur Vernissage von „inmausion“, der 25. Ausstellung in der Reihe „Kunst im Abgeordnetenbüro“: Zum einen, weil Kunst außerhalb oft aussageloser Schauräume hier in einem direkt politischen Kontext erscheint, zum anderen, weil mit Silke Andrea Schmidt eine Künstlerin ausstellt, deren Arbeiten nicht in bloßer Ästhetik erstarren, sondern die im Gegenteil überhaupt nicht anders kann, als ihren Werken politische Metaebenen mitzugeben.
Im besten griechischen Wortsinn, politikos, „die Bürgerschaft betreffend“.

Silke Andrea Schmidt ist diplomierte Architektin und Absolventin der Offenbacher Hochschule für Gestaltung im Fach Visuelle Kommunikation. Sie ist mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden. Sie arbeitet als freie Künstlerin im Rhein-Main-Gebiet und ist dort dem ebenso freien Netzwerk Offenbach verbunden, einem Kunstprojekt, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kunst außerhalb eines normierten Kunstbetriebes in unabhängigen Ausstellungsräumen zu zeigen. So wie hier.

Kunst und Architektur. Bei Silke Andrea Schmidt kommt also beides zusammen: Besonderes Empfinden für Raum mit seinen spezifischen Atmosphären, seinen Deutungsmöglichkeiten, und das Vermögen, künstlerische Vorstellungen in starke kommunikative Spannungsfelder umzusetzen – eine Verbindung, deren Ergebnisse niemals kalt lassen und in diesem Kunstort auf spezielle Art wirken können.

Silke Andrea Schmidts Kunst gilt den Veränderungsprozessen der menschlichen Wahrnehmung. Eine Maus mag per se schnuckelige 5 cm Minipelz sein. Vergrößert abgebildet aber und unter Ausschluss der putzigen Knopfaugen assoziieren wir Kanalratten, Inbegriff von Dreck und Verseuchung. Am Arbeitsplatz schätzen wir vielleicht das kleine, gemütliche Büro, doch vollgestopft mit kreuz und quer verlaufenden Mäuseautobahnen erscheint er uns beengt und eher ungeeignet als ein Ort, an dem wir unsere für die Gesellschaft so wertvolle kreative Lebenszeit verbringen sollen.

Mäuse sprechen nicht mit uns. Gummimäuse schon gar nicht. Und sie brauchen es auch nicht zu tun, denn die Künstlerin sagt mit ihrer Installation mehr als tausend Worte und vermittelt dem Betrachter bei aller ästhetischer Raumaufteilung vor allem eines: Unbehagen. Die Art der Anhäufung und Ordnung konterkariert boshaft, dass diese industriell gefertigten Nager hier im wirklichen Leben Kinder froh machen sollen und Erwachsene ebenso. Echten Mäusen nicht unähnlich, nur dass wir diese nicht verspeisen. Wir sind der Natur entfremdet, haben sie feindlich übernommen, aus unserem technisierten Leben verbannt. Manchmal wagen wir einen Blick durch schmale Zeitfenster und Nadelöhre in sie hinein, aber immer nur, bitte schön, wenn’s uns passt und unsere Seele streicheln soll. Eine einseitige Beziehung, die der anderen Hälfte keine Wahl lässt, dadurch aber beiden Schaden zufügt – Unilateralismus mit Kolateralschäden, Naturimperialismus, zynisch verbrämt mit ökogetünchten Individualreisen.

In dieser Ausstellung sind die Verhältnisse umgekehrt: Der Mensch, sonst räuberisch und übergriffig in Umwelt und Natur, sieht seine einzigartige Domäne „Arbeitsplatz“ invadiert vom süßen, reinweißen Unschuldsmäuslein, er wird eingeengt in seinem Bewegungsspielraum und visuell gepolt auf „klein, weiß und sehr sehr viele“ – der Mäusemob, de facto harmlos, wirkt bedrohlich, er verletzt das ureigene Hoheitsgebiet des Homo Sapiens. Und hält uns unseren selbst gewählten Spiegel vor: Der Mensch als „das Arbeitstier“ wird artgerecht gehalten in Einzel- oder Gruppenzellen, diese sind ober- und unterirdisch mit zweckmäßigen Laufgängen verbunden zur Förderung der raschen Informationsweitergabe. Das Arbeitstier wird stundenweise mit Tages- oder Kunstlicht versorgt, die Zeiten der Nahrungsaufnahme sind ebenso geregelt wie das Angebot aus der Nahrungskette. Der Arbeitsplatz als Legebatterie, der Mensch darin das frei laufende Masse- oder gar Versuchstier? Es ist unsere freie Entscheidung.

Den kleinen wuseligen Gesellen hier wird ihr Aufmarsch letztlich wenig nützen, sie landen früher oder später beim Kammerjäger, im Labor oder in diesem Falle vielleicht in den Mägen unzähliger kleiner und großer Schleckermäuler – trotzdem: was jeder duften Demo immanent ist, gelingt Silke Andrea Schmidt mit „inmausion“ – aufs Trefflichste: Sie verstört und legt den Finger für einen Moment in die aufgeplatzte Wunde. Das von Menschenhand gefertigte Naturimitat wird zum Mahnmal der Entfremdung von uns selbst.

Herr Geis ist nun einen Monat lang allein mit weißen Mäusen – vielleicht trösten ihn die scherenschnitthaften Schemen der Hasen, Frösche und Hirsche auf weichem, warmem Filz? Alles war gut, scheinen sie wortlos zu sagen, das Sinnbild einer archaisch intakten, doch längst der Vergangenheit anheim gefallenen Mutter Natur.

In diesem Spannungsfeld zwischen Gegenwart und Nostalgie, Entfremdung und Sehnsucht, wünsche ich Ihnen beeindruckende Begegnungen mit Mäusen und Menschen.

 

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